Ein langes Wochenende im Wald

17. August 2023

Langes Wochenende im August? Das gibt's nur in Bayern – und auch dort nur in überwiegend katholischen Gemeinden. München ist aktuell noch so ein Fall, daher war am Dienstag Feiertag (Mariä Himmelfahrt) und am Montag daher Brückentag für mich bzw. uns. Wir haben das genutzt und sind in den Bayerischen Wald gefahren, genauer gesagt an den Perlsee bei Waldmünchen. Wenn man spitzfindig sein mag, ist das dort allerdings der Oberpfälzer Wald.

Eine wunderschöne Gegend mit viel Natur, früher direkt am Eisernen Vorhang knapp 3 Kilometer von der tschechischen Grenze entfernt. Davon merkt man heute zum Glück nichts mehr, eher im Gegenteil: auf deutscher Seite ist viel auch auf Tschechisch beschriftet, auf tschechischer Seite viel auch auf Deutsch. Und den Grenzübertritt bemerkt man teilweise am ehesten noch durch die SMS des Mobilfunkanbieters.

Schlaf-Fass

Unterbracht waren wir dort in einem sogenannten "Schlaf-Fass" auf dem Campingplatz. Das ist eine witzige Idee, letztlich aber schon platzmäßig sehr beengt. Theoretisch können dort drin vier Personen schlafen, dann wird es aber schon sehr kuschlig. Wir waren zu zweit dort drin, dann ist es sehr angenehm. Im oberen/hinteren Bereich sind zwei normalgroße Matratzen, auf denen man hervorragend schlafen kann.

Tagsüber waren wir aber ohnehin meistens unterwegs oder bei den Schwiegereltern, die mit dem Wohnmobil ebenfalls auf dem Campingplatz dort waren und dort knapp zwei Wochen verbringen werden.

Außer den erwähnten Schlafgelegenheiten und Licht sowie Steckdosen gibt es dort drin aber auch keine weiteren Annehmlichkeiten: Sanitäranlagen gibt es auf dem Campingplatz zentral (und dort auch sehr sauber).

Oberpfalzbahn

Die Anreise dorthin war per Bahn aus München eigentlich ganz einfach: mit dem ALEX bis Cham und von dort mit der Oberpfalzbahn weiter bis Waldmünchen. Diese Strecke ist wundersamerweise nie eingestellt worden, wird allerdings auch nur sehr wenig bedient.

Grob fahren dort RegioShuttle-Züge im Zwei-Stunden-Takt, der letzte Zug erreicht Waldmünchen um 20:01 Uhr. Danach ist Feierabend. Aktuell fallen auch zahlreiche Verbindungen aus und werden mit Bussen ersetzt. Vermutlich schlägt auch hier wieder das derzeit überall sichtbare Problem zu: Personalmangel.

An sich ist der Bus hier eine gute Alternative, schwierig wird as aber mit der Fahrradmitnahme. Wir hatten ja die Räder dabei, um vor Ort auch mobil zu sein. Das ist im SEV-Bus meistens eher problematisch. Auf der Hinfahrt hatte mein Freund auch Pech: sein Zug hatte bis Cham zu viel Verspätung, weshalb der Anschluss nach Waldmünchen nicht geklappt hat. Die nächste Verbindung war SEV, daher ist er dann die ca. 20 Kilometer mit dem Rad gefahren. Da geht's leider ziemlich viel bergauf.

Grafenried

Vor Ort sind wir dann auch mit dem Rad mal nach Waldmünchen rein zum Essen gefahren und auch mal über die tschechische Grenze bis ins "untergegangene Dorf Grafenried/Lučina". Heute existiert auf deutscher Seite noch Untergrafenried, der frühere Teil Obergrafenried lag nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges knapp auf tschechischer Seite und damit auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs. Der Ort lag im Sperrbereich an der Grenze und wurde daher geräumt, dort waren nur noch Grenzsoldaten in einzelnen Gebäuden untergebracht. Alle anderen Bauten wurden im Laufe der Jahre abgetragen und sind heute allenfalls noch mit den Grundmauern erkennbar, von der Kirche und Schule über die Brauerei und Gasthäuser bis zu diversen Wohngebäuden.

Dort durchzulaufen und die Infotafeln mit den Schicksalen der ehemaligen Bewohnern zu lesen ist schon etwas bedrückend. Zudem hat es mich an unsere Aufenthalte in Bosnien erinnert - dort gibt es aus wesentlich jüngerer Zeit aus den 1990ern auch zahlreiche verlassene Dörfer und Gehöfte. Und letztlich war auch dort Krieg und Vertreibung dasselbe Schicksal.

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